Schneeblindheit: Warum die UV-Strahlung im Winter gefährlicher ist als im Sommer

Schneeblindheit: Warum die UV-Strahlung im Winter gefährlicher ist als im Sommer

Schneeblindheit trifft nicht nur Alpinprofis. Sie erwischt Skifahrer, Spaziergänger, Rettungskräfte — und Kinder mit Schlitten.

Die Sonne stand tief über dem Hang, die Luft roch metallisch kalt. Neben dem Lift rieben sich zwei Snowboarder die Augen, lachten noch, obwohl der Wind Tränen aus ihnen holte. Ein Vater schob die Brille auf die Stirn, um sein Kind fürs Foto blinzeln zu sehen. Zehn Minuten später spürte ich das Brennen wie feinen Sand unter den Lidern. Keine Hitze, keine Warnung, nur dieses stechende Weiß überall, das den Schatten ausradiert. Wir kennen alle diesen Moment, in dem die Welt glitzert und man das Gefühl hat, sie könne einen nicht berühren. Nachts lag ich wach, lichtscheu, mit feuchten Tüchern über den Augen. Die Diagnose am nächsten Tag war so schlicht wie beunruhigend: Photokeratitis. Eine Sonnenbrand-Variante — für die Hornhaut. Unsichtbar. Heimtückisch. Und schneller, als man denkt.

Die unsichtbare Gefahr im Weiß

Schneeblindheit klingt exotisch, passiert aber ganz bodenständig. Das Winterlicht wirkt harmlos, weil die Luft kalt ist und die Haut nicht glüht. Doch für die Augen ist die Mischung aus Reflexion, Höhe und langer Aufenthaltsdauer tückisch. **Schnee reflektiert bis zu 80–90 % der UV-Strahlung.** Das ist wie ein Spiegel, der das Licht zweimal schickt: von oben und von unten. Wer dann ohne Schutz fährt oder läuft, sammelt Dosis um Dosis. Zwei Abfahrten reichen oft, um die Hornhaut zu reizen. Stunden später folgt der Schlag.

Nehmen wir einen typischen Skitag in 2.000 Metern Höhe. Die Sonne steht tiefer, die Schatten sind hart, der Himmel stahlblau. **Pro 1.000 Höhenmeter steigt die UV-Intensität um etwa 10–12 %.** Auf 2.000 Metern bedeutet das grob ein Viertel mehr UV als im Tal — plus das Schneefeld, das wie eine Leuchtfläche wirkt. Kinder halten die Köpfe näher an den Boden, bekommen mehr Reflexion ab und ziehen die Brillen öfter aus, weil sie beschlagen. Die Rechnung geht selten gut: Brennen, Tränenfluss, das Gefühl, ein Fremdkörper kratzt. Wer schon einmal nachts die Vorhänge zuzieht, weil selbst Mondlicht sticht, kennt das Resultat.

Warum wirkt das im Winter schlimmer als am Strand? Die Kälte dämpft unser Warnsystem. Wärme signalisiert Gefahr, Kälte verharmlost. Pupillen sind bei diffusem Licht oft weiter geöffnet, die Lider länger unentschlossen offen. **Wolken blocken UV nur teilweise.** Dazu kommt die Jahreszeit: Frühling und Spätwinter bringen in den Bergen besonders hohe Werte, wenn die Atmosphäre klar ist und Schneeflächen groß sind. Was auf der Haut als „kaum Sonne“ durchgeht, ist für die Hornhaut eine harte Bestrahlung. Die Augen haben kein Melanin-Polster. Sie nehmen auf, ohne zu murren — bis es zu spät ist.

So schützen Sie Ihre Augen im Winterlicht

Die wirkungsvollste Gewohnheit ist simpel: konsequente Brille, die auch seitlich schützt. Suchen Sie nach „UV400“ oder „100 % UVA/UVB“. Kategorie 3 ist auf der Piste Standard, Kategorie 4 in Gletscher- oder Hochalpin-Lagen. Wrap-Around-Modelle oder Skibrillen mit Seitenschutz halten Streulicht ab, das vom Schnee hochkommt. Wechselgläser oder Photochromie lösen das Dilemma zwischen Sonne und Schattenwald. Ein Helmvisier ist bequem, ersetzt aber keine echte UV-Filterung. Und ja: Kontaktlinsen mit UV-Filter sind ein Extra, kein Schild.

Hand aufs Herz: Das macht doch niemand jeden Tag. Viele lassen die Brille fürs Selfie runter oder „nur schnell“ an der Hütte. Typische Fehler: getönte, aber unbeschichtete Modebrillen, die die Pupille weiten und mehr UV einlassen; spiegelnde Billiggläser ohne Norm; beschlagene Skibrillen, die man dann hochschiebt. Halten Sie ein weiches Tuch parat, lüften Sie die Brille kurz vor der Abfahrt, nicht währenddessen. Trinken Sie mehr, als Ihnen nach kalt ist — trockene Augen sind verletzlicher. Und nehmen Sie auf dem Schlittenhügel dieselben Regeln wie auf der Piste mit. Es ist immer noch dieselbe Sonne.

Die Kälte fühlt sich harmlos an, doch sie tarnt die Sonne. Wenn doch etwas passiert ist, hilft Abdunkeln, kühle Kompressen, nicht reiben, künstliche Tränen — und ärztliche Abklärung bei starken Schmerzen. Schneeblindheit geht meist in 24–48 Stunden vorbei, kann aber Folgeschäden hinterlassen.

„Photokeratitis ist ein Sonnenbrand der Hornhaut. Sie ist schmerzhaft, häufig vermeidbar und im Winter in Höhenlagen kein seltenes Phänomen“, sagt Augenarztin Dr. Lena Vogt. „Was viele unterschätzen: Reflexion trifft die Augen doppelt.“

  • UV-Check: In Höhenlagen steigen Werte schnell — besonders auf Gletschern und nach Neuschnee.
  • Brillen-Setup: UV400, Kategorie 3–4, seitlicher Schutz, gut sitzender Helmabschluss.
  • SOS bei Symptomen: Licht meiden, kühlen, keine Hausmittel, ärztlichen Rat holen.

Was bleibt, wenn der Schnee wieder schmilzt

Der Winter lehrt uns, wie trügerisch Wahrnehmung sein kann. Kein Hitzeflimmern, kein Strandgefühl — und doch so viel Licht. Die kleine Routine, die wir uns jetzt angewöhnen, zahlt sich im Sommer doppelt aus. Eine Sonnenbrille mit echtem Schutz in der Jackentasche, ein kurzer Blick auf den UV-Index, das Bewusstsein für Reflexion, auch am See oder auf dem Eis. Wer das einmal verinnerlicht hat, bewegt sich anders über gefrorene Wege. Und erzählt es weiter, weil Geschichten von brennenden Nächten in Berghütten schneller überzeugen als jede Zahl. Vielleicht ist das die beste Prävention: Erlebnisse teilen. Dann wird die klare, kalte Helligkeit wieder das, was sie sein kann — schön, lebendig, frei von Angst. Und trotzdem respektiert.

Point clé Détail Intérêt pour le lecteur
Schnee reflektiert UV Bis zu 80–90 % Rückstrahlung, doppelter Treffer für die Augen Erklärt, warum Winterlicht tückisch wirkt
Höhenmeter zählen 10–12 % mehr UV pro 1.000 m, klarere Luft verstärkt den Effekt Hilft, Risiko-Tage realistisch einzuschätzen
Richtige Brille UV400, Kategorie 3–4, seitlicher Schutz, keine Modegläser Konkrete Kaufhilfe für nachhaltigen Schutz

FAQ :

  • Was genau ist Schneeblindheit?Eine akute Entzündung der Hornhaut durch UV-Strahlung (Photokeratitis). Typisch sind Brennen, starker Tränenfluss, Lichtempfindlichkeit und das Gefühl von Sand im Auge.
  • Kann das nachts plötzlich auftreten?Ja. Die Symptome beginnen oft erst 4–12 Stunden nach der Bestrahlung. Viele wachen nachts mit Schmerzen auf, obwohl der Tag problemlos wirkte.
  • Reichen getönte Sonnenbrillen aus der Stadt?Nur wenn sie UV400/100 % UVA/UVB bieten und gut seitlich abschirmen. Modegläser ohne Schutz riskieren mehr Strahlung durch geweitete Pupillen.
  • Gibt es Hausmittel, die helfen?Kühlen, abdunkeln, künstliche Tränen können lindern. Kein Reiben, keine „Wundermittel“. Bei starken Schmerzen oder Sehverschlechterung ärztlich abklären lassen.
  • Wie schütze ich Kinder auf dem Schlittenhügel?Skibrille mit UV400, Mütze oder Helm mit Visier, Pausen im Schatten, warm trinken. Kinder nehmen Reflexion stärker mit — kurze, häufige Pausen wirken Wunder.

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