Radfahren bei Glätte: Wann die Versicherung bei einem Sturz die Zahlung verweigert

Radfahren bei Glätte: Wann die Versicherung bei einem Sturz die Zahlung verweigert

Zwischen Krankenkasse, Unfall- und Haftpflicht entscheiden Nuancen, ob gezahlt wird – oder nicht.

Es ist kurz nach sieben, der Atem hängt wie dünner Rauch in der Luft, und das Klingeln am Lenker klingt heute härter als sonst. Der Asphalt glänzt silbrig, als hätte ihn jemand lackiert, die Reifen singen leise, bis sie plötzlich verstummen und nur noch rutschen. Wir alle kennen diesen Moment, wenn die Zeit stockt, das Vorderrad seitlich wegklappt und die Hand reflexartig nach dem Boden greift. Ein Sturz auf blankem Eis fühlt sich immer an wie Zeitlupe. Die Kälte kriecht durch die Handschuhe, zwei Passanten rufen etwas, das nicht ankommt, und im Hinterkopf tickt sofort eine andere Frage: Wer zahlt jetzt eigentlich? Eine Antwort, die selten einfach ist.

Glätte, Sturz, Streit: Wo Versicherungen die Linie ziehen

Die wichtigste Unterscheidung nach einem Glättesturz klingt simpel und entscheidet doch viel: Personenschaden, Sachschaden, Fremdschaden. Die Krankenkasse übernimmt medizinische Behandlung – unabhängig von Schuld, das steht. Streit beginnt, wenn es um Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Fahrradschäden oder Regress geht. **Nicht jeder Sturz ist ein Versicherungsfall.** Private Unfallversicherungen zahlen nur bei Invalidität nach Gliedertaxe, Fahrrad-Kasko nur bei entsprechendem Baustein. Haftpflicht kommt erst ins Spiel, wenn andere zu Schaden kommen. Und dann prüft jemand sehr genau, ob grobe Fahrlässigkeit im Spiel war.

Ein Beispiel, das in Beratungen oft auftaucht: Lena, 34, pendelt mit dem Rad, es hat über Nacht gefrierenden Regen gegeben. Auf dem abendlichen Radstreifen liegt eine unsichtbare Eisschicht, sie stürzt, das Handgelenk bricht. Die Kasse zahlt OP und Reha, klar. Sie fordert Schadenersatz von der Stadt, weil nicht gestreut war – der Anspruch scheitert, denn viele Kommunen räumen Nebenwege und Radstreifen zeitlich eingeschränkt, teils gar nicht. Lenas Sturz gilt als Wegeunfall zur Arbeit, die Berufsgenossenschaft übernimmt Reha-Maßnahmen und Verletztengeld, nicht aber das zerstörte Bike. Ihre Fahrrad-Kasko kürzt, weil am Morgen eine amtliche Glatteiswarnung aktiv war und die Police keinen Verzicht auf den Einwand grober Fahrlässigkeit enthält. Bitter, aber rechtlich sauber.

Juristisch läuft vieles über § 81 VVG: Bei grober Fahrlässigkeit darf die Leistung gekürzt werden – je nach Schwere. Alkohol am Lenker, Blick aufs Handy, Fahren ohne Licht im Dunkeln, ignorierte Unwetterwarnung, das kann als grob fahrlässig bewertet werden. Ein Helm? Keine Pflicht, und der Bundesgerichtshof hat 2014 entschieden, dass fehlender Helm beim Alltagsradeln kein Mitverschulden begründet. Bei sportlichem Fahren mag das anders aussehen. Pedelecs bis 25 km/h gelten als Fahrräder, S-Pedelecs als Kleinkrafträder: Wer ohne Pflichtversicherung/Nummer fährt, riskiert strafrechtlichen Ärger – und den leistungsfreien Versicherer. Kommunale Räumpflichten sind begrenzt, häufig auf Hauptachsen und bestimmte Zeiten. Daraus wird schnell ein Nein.

So fährst du auf Eis smarter – und streitärmer

Bevor du losrollst, mach einen Winter-Check, der nach wenigen Tagen in Fleisch und Blut übergeht. Route umplanen: lieber geräumte Fahrbahnen als glatte Nebenwege, lieber Sonnenseite als Schattenseite. Reifenwahl macht Welten: Winter- oder Spike-Reifen greifen, etwas weniger Luftdruck bringt mehr Auflage. Fahrtechnik anpassen: niedrige Trittfrequenz, gleichmäßiger Zug, in Kurven nicht treten, Bremsen früh und sanft dosieren, Blick weit. Sichtbarkeit schlägt Style: helle Jacke, starke Front- und Rücklichter, reflektierende Bänder. So banal, so wirksam.

Die meisten Fehler passieren vor dem Sturz, nicht im Sturz. Zu optimistisch mit dem E-Bike anfahren, auf dem Handy die Playlist tippen, die Bordsteinkante im spitzen Winkel nehmen, mit 6 bar Sommerdruck unterwegs sein – das rächt sich. Viele glauben, die Haftpflicht zahle auch das eigene Rad, was schlicht falsch ist. Meldefristen verstreichen, Belege fehlen, Wetterlage bleibt undokumentiert, und am Ende steht Wort gegen Wort. Seien wir ehrlich: Niemand fotografiert jeden Arbeitsweg wie ein Tatort. Wenn es schiefgeht, machen gerade fünf Minuten den ganzen Unterschied.

Wenn doch etwas passiert, zählt Ruhe, dann Routine. Notiere Uhrzeit, Ort, Wetterlage, sichere Spuren – und ja, ein Screenshot der Warn-App hilft. **Alkohol auf dem Rad ist kein Kavaliersdelikt.**

„Wer auf glatter Fahrbahn stürzt, ist nicht automatisch raus – gekürzt wird nur bei nachweisbarer grober Fahrlässigkeit. Dokumentation ist der Hebel, mit dem man aus einem Vielleicht ein Ja macht.“ – Nina Krüger, Fachanwältin für Versicherungsrecht

  • Fotos vom Unfallort, Reifenprofil, Beleuchtung, ggf. Streugut
  • Zeugenname und Telefonnummer sichern
  • Wetter-App/Straßenwarnung als Screenshot speichern
  • Bei Fremdschäden: Polizei rufen, neutrale Unfallaufnahme
  • Arztbericht am selben Tag, auch bei vermeintlichen Kleinigkeiten
  • Schaden innerhalb der Frist an Versicherung melden, Aktenzeichen notieren

Winterradeln bleibt ein Balanceakt – auf der Straße und im Kleingedruckten

Wer im Winter radelt, bewegt sich zwischen Freiheit, Pragmatismus und Papierlage. Städte räumen nicht jede Spur, Versicherungen zahlen nicht jede Rechnung, und doch ist die Summe der kleinen Entscheidungen unterwegs größer als das eine große Nein. Du entscheidest, ob du die schnelle Abkürzung im Schatten nimmst oder die breite Spur, ob du die Handschuhe mit Grip anziehst oder die glatten, ob du heute fährst oder das Ticket nimmst. Zwischen all dem lässt sich ein persönlicher Korridor finden, der sich gut anfühlt und juristisch trägt. *Ein ängstliches Herz lenkt schlecht, ein waches fährt besser.* Erzähl davon, wenn du eine Taktik gefunden hast, die dich über den Winter bringt. Vielleicht ist es der Reifen, vielleicht der Blick, vielleicht die Entscheidung, manchmal einfach zu schieben.

Point clé Détail Intérêt pour le lecteur
Grobe Fahrlässigkeit Kürzung nach § 81 VVG bei Alkohol, Handy, Missachtung von Glatteiswarnungen Versteht, wann Leistungen fallen oder schrumpfen
Wegeunfall Zur Arbeit/Schule greift die Berufsgenossenschaft, private Umwege können Schutz unterbrechen Planbarkeit auf dem täglichen Pendelweg
Helm & Räumpflicht Kein Mitverschulden ohne Helm beim Alltagsradeln; Kommunen räumen nur begrenzt Richtig argumentieren, realistisch erwarten

FAQ :

  • Zahlt die Krankenkasse nach einem Glättesturz immer?Ja, die gesetzliche Krankenkasse übernimmt die medizinische Behandlung unabhängig von der Schuldfrage. Zuzahlungen bleiben wie üblich bestehen.
  • Greift meine private Unfallversicherung bei Sturz auf Eis?Nur wenn eine Invalidität nach Gliedertaxe eintritt. Prüfe Alkohol- und Risikoklauseln sowie Meldefristen, sonst drohen Kürzungen.
  • Kann die Fahrrad-Kasko die Zahlung verweigern?Ja, etwa bei grober Fahrlässigkeit, Alkohol, verbotener Nutzung oder fehlenden Nachweisen. Ein Verzicht auf den Einwand grober Fahrlässigkeit in der Police schützt.
  • Gilt ein Sturz auf dem Arbeitsweg als Wegeunfall?In der Regel ja; dann leistet die Berufsgenossenschaft. Reine Privatabwege können den Schutz unterbrechen. Pedelec bis 25 km/h ist okay, S-Pedelec folgt Mopedregeln.
  • Droht Mitverschulden ohne Helm?Beim Alltagsradeln nein, das hat der BGH entschieden. Bei sportlichem Fahren kann es anders bewertet werden; manche Versicherer prämieren Helmträger trotzdem.

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