Vor einem Altbau in einer schmalen Stadtstraße ziehen Menschen die Schultern hoch, schauen nach oben, gehen dann doch weiter. Über der Haustür hängt ein gelbes Schild: Achtung Dachlawinen. Jemand lacht nervös, jemand anderes wechselt schnell die Straßenseite, und die Bäckertüte raschelt wie ein kleiner Sturm. Wir kennen alle diesen Moment, in dem eine stille Gefahr über uns hängt und wir so tun, als ginge es schon gut. Das Schild wackelt im Wind. Die Stille auch. Danach wird es sehr laut.
Dachlawinen: Warum ein Schild nicht genügt
Ein Warnschild ist eine Geste, keine Lösung. Wer ein Gebäude besitzt oder verwaltet, hat eine Verkehrssicherungspflicht – das klingt sperrig, heißt aber: Gefahren, die absehbar sind, müssen aktiv minimiert werden. Ein Schild entbindet nicht von der Verkehrssicherungspflicht. Es informiert Passanten, schützt sie aber nicht vor Eisplatten, die sich lösen, wenn die Wintersonne die Traufe anknabbert. Rechtlich zählt, ob Sie geeignete Maßnahmen ergriffen haben, nicht ob ein Piktogramm hängen blieb.
Ein Beispiel, wie es überall passieren kann: Vor einer Bäckerei hängt seit Jahren ein Warnschild. Ein milder Mittag, dann friert es wieder an. Eine Scholle löst sich, trifft eine Frau am Arm, der Knochen bricht. Der Eigentümer sagt: Da stand doch “Achtung Dachlawinen”. Das Gericht sieht das anders. Es fragt: Gab es Schneefanggitter? Wurde der Gehweg abgesperrt? Wurde das Dach geprüft oder geräumt? Die Statistik vieler Kommunen kennt diesen Rhythmus: Nach starken Schneefällen steigen Dachlawinen-Schäden deutlich, und Schilder ändern daran wenig.
Rechtlich funktionieren Schilder wie Blinklichter: Sie zeigen, dass jemand um die Gefahr weiß. Wer weiß, muss handeln – angemessen, zumutbar, rechtzeitig. Das kann je nach Gebäude Lage, Dachneigung und Fußgängerfrequenz unterschiedlich aussehen. In schneereichen Gegenden verlangen Landesbauordnungen und örtliche Satzungen oft Schneefanggitter über öffentlichen Bereichen. Ein Flatterband kann zeitweise den Gehweg verlegen, wenn es keine Alternative gibt. Ein Schild allein ist im Haftungsfall eher ein Beleg dafür, dass das Risiko bekannt war. Paradox, aber logisch.
So sichern Eigentümer ihr Dach – pragmatisch und rechtssicher
Die wirksamste Maßnahme ist dauerhaft: Schneefangsysteme entlang der Traufe, abgestimmt auf Dachneigung und Schneelast. Ergänzend helfen saisonale Routinen. Nach Neuschnee: Sichtprüfung vom Boden, Eiszapfen an Traufe und Gauben beseitigen lassen, Gefahrenbereich vor dem Gebäude mit Kegeln und Band markieren. Bei Tauwetter-Sprüngen: temporär den Gehweg umlenken und klar beschildern. Dokumentation mit Fotos, Datum, Uhrzeit. Und eine klare Abmachung: Wer macht was, ab welcher Schneehöhe, bei welcher Wetterwarnstufe.
Häufige Fehler haben ein Muster. Man verlässt sich auf das Schild, weil es schnell geht. Man sperrt zu knapp ab, sodass Leute doch direkt an der Traufe vorbeilaufen. Man schiebt Dachschnee auf den Gehweg, wo er später als Eisplatte wieder zur Gefahr wird. Man schickt den Hausmeister aufs Steildach ohne Sicherung. Seien wir ehrlich: Niemand macht das jeden Tag wirklich. Besser ist ein fester Dienstleister mit Ausrüstung, plus ein Notfallplan für Wochenenden und Feiertage.
Ein Warnschild ist schnell angeschraubt, doch Verantwortung lässt sich nicht anschrauben.
“Ein Schild ist keine Maßnahme, sondern nur eine Information. Maßnahmen sind das, was zwischen Gefahr und Mensch tritt.”
Damit das im Alltag klappt, hilft ein kleines Spickzettel-Set für den Winter:
- Auslöser definieren: Ab 10 cm Neuschnee oder DWD-Warnstufe rot wird gehandelt.
- Werkzeugliste: Absperrmaterial, Helme, Absturzsicherung – und die Nummer des Dachdecker-Notdienstes.
- Dokumentation: Fotos vor/nach der Sicherung, kurze Notiz, wer tätig war.
- Versicherung: Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht prüfen, Gebäudeversicherung und Kfz-Kaskoschutz im Haus informieren.
Was das für Passanten, Mieter und Versicherungen bedeutet
Wer unter einem Dach entlanggeht, darf darauf vertrauen, dass oben jemand mitgedacht hat. Trotzdem lohnt der Blick nach oben an Tau-Tagen, der kurze Umweg, der zur Hofseite führt. Mieter können den Eigentümer ansprechen, wenn Zapfen wachsen oder Schnee überhängt. Ein Foto, eine kurze Mail, fertig. **Wer gar nichts tut, handelt grob fahrlässig.** Und wer etwas tut, sollte es zeigen: Absperrungen, Umleitungen, klar formulierte Aushänge im Haus.
Versicherungstechnisch ist das Bild gemischt. Die Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht springt in vielen Fällen ein, wenn Dritte zu Schaden kommen – sie prüft aber die Sorgfalt. Die Gebäudeversicherung schützt das eigene Haus, nicht den Passanten. Für Autos gilt je nach Tarif Teil- oder Vollkasko, oft mit Bedingungen rund um “Naturgefahren” und “herabfallende Teile”. Klingt trocken, entscheidet im Ernstfall über viel Geld. Ein Anruf vor der Saison spart später Nerven.
Das Ganze hat auch eine soziale Seite. Eine abgesperrte Spur vor dem Haus verlangsamt den Tag, lässt Menschen kurz zusammenrücken, hebt den Blick. Man redet miteinander und geht einmal um die Ecke. Kleine Maßnahmen schaffen Raum, in dem nichts passiert. Und genau darum geht es hier.
| Point clé | Détail | Intérêt pour le lecteur |
|---|---|---|
| Verkehrssicherungspflicht | Gefahren müssen aktiv minimiert werden, nicht nur gezeigt | Versteht, warum Haftung trotz Schild droht |
| Wirksame Maßnahmen | Schneefang, Absperrung, Räumplan, Dokumentation | Konkrete Schritte, die wirklich schützen |
| Versicherungsklarheit | Haftpflicht, Gebäude- und Kasko-Schnittstellen klären | Vermeidet teure Überraschungen im Schadensfall |
FAQ :
- Reicht ein “Achtung Dachlawinen”-Schild rechtlich aus?Nein. Es informiert nur. Entscheidend ist, ob angemessene Sicherungsmaßnahmen umgesetzt wurden.
- Muss ich Schneefanggitter installieren?Kommt auf Dachneigung, Lage und örtliche Vorschriften an. In vielen Regionen sind sie über öffentlichen Bereichen Pflicht oder gelebter Standard.
- Darf ich den Gehweg vor dem Haus absperren?Temporär ja, wenn Gefahr besteht – mit klarer Umleitung. Bei längeren Sperrungen die Kommune einbeziehen.
- Wer haftet, wenn ein Passant verletzt wird?Grundsätzlich der Eigentümer bzw. der Sicherungspflichtige. Die Haftpflichtversicherung prüft und reguliert, wenn Sorgfaltspflichten eingehalten wurden.
- Ersetzt die Kfz-Versicherung Dachlawinen-Schäden am Auto?Je nach Tarif Teil- oder Vollkasko. Bedingungen prüfen, Belege sichern, Schaden zeitnah melden.









