Und doch hängt an dieser Routine viel Verantwortung, manchmal sogar Haftung. Was kaum jemand weiß: Es gibt eine rechtliche Ausnahme bei der Räumpflicht, die deinen Wintermorgen komplett verändern kann.
Der Wecker klingelt, draußen leuchten die Straßenlaternen wie verwischte Kreide. Ich ziehe die Stiefel an, die Kälte kriecht in die Hosenbeine. Auf dem Gehweg liegt frischer, nasser Schnee, der sich unter den Sohlen wie Zucker anfühlt. Es schneit in dichten Flocken, die Luft ist schwer und still. Eine Nachbarin schiebt entschlossen den ersten Korridor frei, einen halben Meter, vielleicht. Dann eine zweite Schicht. Fünf Minuten später sieht alles wieder aus wie vorher. Wir kennen alle diesen Moment, in dem man das Gefühl hat, gegen eine Decke aus Weiß anzukämpfen, die man nie besiegen kann. Und doch: Nicht jedes Schaufeln ist zwingend. Manchmal gilt eine Pause, die rechtlich gedeckt ist. Kein Mythos. Eine echte Ausnahme.
Die unsichtbare Grenze der Räumpflicht
Viele glauben, sie müssten ununterbrochen schippen, sobald die erste Flocke fällt. Gesetz und Rechtsprechung sehen das entspannter. Die Räum- und Streupflicht gilt nur in zumutbarer Form, zu bestimmten Tageszeiten und nicht als Dauer-Einsatz. Das Überraschende: Während anhaltender Schneefälle oder bei gefrierendem Regen darf die Pflicht ruhen, wenn Streuen oder Schippen faktisch sinnlos wäre. Klingt nach Haarspalterei, ist es nicht. Es ist die Stelle, an der Winterrealität und Recht aufeinandertreffen.
Nehmen wir einen typischen Morgen: dichter Schneefall von 5 bis 9 Uhr. Ein Anwohner räumt um 6:45 Uhr einen begehbaren Streifen, 1 Meter breit, legt Splitt aus. Um 7:10 ist wieder alles weiß. Ein Passant rutscht um 7:15 aus und schimpft. In mehreren Urteilen haben Gerichte genau solche Lagen beleuchtet und klar gesagt: Kein Mensch muss alle zehn Minuten raus. Wenn die Witterung jede Maßnahme sofort zunichtemacht, besteht keine Pflicht zum dauernden Nachschippen. Erst sobald der Niederschlag nachlässt oder endet, greift die Pflicht wieder – dann aber verlässlich.
Das Prinzip dahinter ist einfach: Verkehrssicherung ja, Unmögliches nein. Es gibt Zeitfenster, in denen grundsätzlich geräumt werden soll – werktags meist ab 7 Uhr, sonntags ab 9 Uhr, bis etwa 20 Uhr. Innerhalb dieser Spanne muss ein sicherer Gehweg hergestellt werden. Bei Dauer-Schneefall oder Glatteisregen greift die Ausnahme: Maßnahmen erst, wenn sie Wirkung entfalten können. Das schützt nicht vor jeder Pflicht, aber vor dem absurden Bild des Schneeschiebers, der im Minutentakt resigniert. Es gibt keine Pflicht zum Dauereinsatz.
So nutzt du die Ausnahme ohne Ärger
Die Faustregel: Räumen, sobald es sinnvoll wirkt. Bei anhaltendem Schneefall einen gangbaren Korridor schaffen, in Abständen prüfen, dann nach dem Abklingen gründlich räumen. Splitt statt Salz, sofern die Kommune Salz beschränkt. Eine Breite von etwa 1 bis 1,20 Metern reicht für Fußgänger und Kinderwagen. Die Ausnahme ist kein Freifahrtschein, sondern ein Atemzug: Du wartest den Moment ab, in dem die Maßnahme trägt, und handelst dann verlässlich. Nach Ende des Niederschlags musst du zeitnah räumen.
Typische Fehler passieren im guten Glauben. Manche warten zu lange, wenn der Schnee schon nachlässt. Andere streuen Salz, obwohl die Stadt es untersagt. Viele vergessen die Sonntagszeiten oder denken, Mieterinnen müssten immer und überall dran sein. Seien wir ehrlich: Niemand schaufelt jede halbe Stunde bei Schneesturm. Realistisch ist, die Lage zu beobachten, Nachbarinnen kurz zu koordinieren und sich dann innerhalb eines überschaubaren Zeitfensters zu kümmern. Ein Eimer Splitt am Hauseingang erspart Panik.
Gerichte erwarten keine Heldentaten, sondern vernünftiges Verhalten. Die Räumpflicht ruht, wenn Räumen sofort verpufft – und lebt wieder auf, sobald es Wirkung zeigt.
„Räumen, wenn’s wirkt – warten, wenn’s sinnlos ist. Das ist keine Faulheit, sondern Recht.“
- Uhrzeiten einhalten: werktags ab 7, sonntags ab 9
- Bei Dauerschneefall: Grundkorridor, dann nach Ende gründlich
- Splitt statt Salz, wenn verboten
- Vertretung organisieren bei Urlaub oder Krankheit
- Dokumentieren: Foto vom geräumten Weg schadet nie
Was das im Alltag wirklich bedeutet
Diese Ausnahme beruhigt und verpflichtet zugleich. Sie macht Schluss mit dem Gefühl, jede Flocke besiegen zu müssen, und verlangt stattdessen Timing, Beobachtung und Nachbarschaft. Wer morgens auf den Wetterradar schaut, plant clever: kurz raus, wenn’s Sinn hat, danach zuverlässig nachlegen. Das reduziert Stürze, spart Nerven und verhindert Streit im Hausflur. Und ja, manche Konflikte löst man auf dem Gehweg im Gespräch schneller als in der Kanzlei.
| Point clé | Détail | Intérêt pour le lecteur |
|---|---|---|
| Ausnahme bei Dauerschneefall | Pflicht ruht, wenn Räumen sofort wirkungslos wäre | Sicher handeln, ohne sinnlose Schleifen |
| Räumen in Zeitfenstern | Werktags ab 7, sonntags ab 9 bis ca. 20 Uhr | Haftungsrisiko vermeiden, Rhythmus finden |
| Nach Ende räumen | Innerhalb kurzer Frist Korridor freilegen und streuen | Rechtskonform und praktisch zugleich |
FAQ :
- Gilt die Ausnahme auch bei Blitzeis?Wenn Streuen während akuten Eisregens sofort wirkungslos wäre, kann die Pflicht ruhen. Nach Ende des Regens zügig streuen.
- Müssen Mieter immer selbst räumen?Nur, wenn der Mietvertrag oder die Hausordnung das klar überträgt. Ohne Regel bleibt der Eigentümer in der Pflicht.
- Wie breit muss der Gehweg sein?Etwa 1 bis 1,20 Meter, damit zwei Personen aneinander vorbeikommen und Kinderwagen passieren können.
- Was ist bei Urlaub oder Krankheit?Vertretung organisieren. Die Pflicht verschwindet nicht, sie wird delegierbar – etwa an Nachbarn oder einen Dienstleister.
- Darf ich Salz verwenden?Oft nur eingeschränkt. Viele Kommunen verbieten Auftausalz auf Gehwegen. Splitt oder Sand sind die sichere Wahl.









